RUF AG
Die Ruf AG wurde 1917 von Alfons Ruf gegründet, der ein Buchführungssystem patentiert hatte, weshalb das Unternehmen überwiegend unter "RUF-Buchhaltung" auftrat. In den 50er Jahren stellte Ruf dann auch elektromechanische Buchungssysteme her, die "RUF Intromat" hießen.
In den 60er Jahren hatte RUF einen Firmenstandort in Karlsruhe in der Rheinstraße 77a. Das Gebäude wurde in dieser Zeit "Ruf-Haus" genannt.
Als Computeranbieter trat Ruf ab 1965 in Erscheinung. Damals kam der "Ruf Praetor" auf den Markt. Dieses System war mit einer Steuerung ausgestattet, die Ruf vom Labor für Impulstechnik aus Paderborn bezog, dem Vorgängerunternehmen der Nixdorf AG.
1968 kam es dann zur Zusammenarbeit mit Hohner. Ruf verkaufte die von Hohner in Trossingen hergestellten Computer ebenfalls unter dem Namen "RUF-PRAETOR". Die Modellnummern wurden dabei offenbar beibehalten, so dass z.B. der "HOHNER GDC 508" und der "RUF-PRAETOR 508" sehr wahrscheinlich die gleichen Geräte sind.
Ruf war nach eigenen Angaben in über 40 Ländern aktiv und trug damit sicher mit dazu bei, dass die Hohner-Computer häufiger im Ausland als in Deutschland verkauft wurden. Niederlassungen unter eigenem Namen gab es in der Schweiz (Zürich, Basel, Bern, Lausanne, Lugano und St. Gallen) und in Österreich (Wien).
In England hatte RUF OK seinen Sitz Hurley (Surrey), bis es von Sumlock Comptometer Ltd. übernommen wurde und dann später nach Haywards Heath umzog. Sumlock verkaufte jedoch weiterhin die RUF-Computer. Dort gab es ab 1970 unter der Bezeichnung "R-Series" die Modelle R-5000, R-6000 und R-8000 zu kaufen. Das passt perfekt zu den Hohner-Systemen mit vierstelliger Nummer aus der Zeit, so dass es sich auch hier vermutlich um die gleichen Maschinen handelte.
In England wurden die RUF-Computer als "Ruf Visible Record Computer" verkauft, was auf den Umstand hinwies, dass die Magnetkonten nicht nur maschinenlesbar waren, sondern die Daten auch aufgedruckt hatten. So waren die Kontenblätter auch lesbar, wenn der Computer einmal ausfallen sollte.
Als Hohner die Computerfertigung Ende 1976 aufgab und die Sparte an Nixdorf verkaufte, übernahm RUF weiterhin den Vertrieb der nun von Nixdorf gefertigten Geräte. Das scheint jedoch nicht mehr ganz so reibungslos geklappt zu haben. In der Computerwoche war 1978 von deutlichen Verlusten zu lesen.
In diese Zeit fielen auch Auseinandersetzungen bei der Entwicklung des neuen "System 96". Ruf hatte die Hardware bei der Firma dfe Elektronische Datensysteme aus Stutensee-Blankenloch in Auftrag gegeben. Das Betriebssystem sollte Jung Systeme liefern. Der damalige Geschäftsführer von Ruf, Dieter Heilmann, war als sehr streitbar bekannt, was dem Projektfortschritt offenbar nicht besonders dienlich war. Am Ende kam das System 96 auf den Markt, Heilmann wurde allerdings kurz danach abgelöst.
In den 1990er Jahren wandelte sich Ruf zum Softwareanbieter, der ab 1996 unter dem Namen Ruf Informatik AG seinen Sitz in Schlieren in der Schweiz hatte. 2018 wurde das Unternehmen von Vinci Energies Deutschland übernommen und firmierte danach unter Axians Ruf AG. Im Jahr 2020 ging es dann in der Axians Informa auf, die ihren Sitz in Ulm hat. Der Standort in Schlieren besteht weiterhin, der Name Ruf ist aber endgültig Geschichte.
Anmerkung:
Dieser Artikel ist das Resultat einer Recherche, bei der ich die vielen, sich teilweise widersprechenden Informationen wie Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammengesetzt habe. Ich denke, dass das Resultat so einigermaßen der Realität entspricht. Falls jemand etwas zur Komplettierung des Bildes beitragen kann, würde ich mich über eine Rückmeldung sehr freuen.
Quellen:
<link www.computerwoche.de/a/ruf-gibt-seinem-lieferanten-dfe-den-laufpass,1196283>Ruf gibt seinem Lieferanten DFE den Laufpaß</link> - Computerwoche vom 7.7.1978
<link www.computerwoche.de/a/nach-kuendigung-der-vertriebspartnerschaft-nur-leichter-einbruch-dfe-geht-gestaerkt-aus-dem-krieg-mit-ruf-hervor,1197858>DFE geht gestärkt aus dem Krieg mit Ruf hervor</link> - Computerwoche vom 15.12.1978
<link www.computerwoche.de/a/wir-muessen-einfach-direkt-verkaufen,1192166>Interview mit dem neuen Alleinvorstand von Ruf</link> - Computerwoche vom 30.3.1979
Ruf Praetor:
Die Computer der Praetor-Familie hatten einen festen Programmspeicher, einen kleinen Ringkern-Arbeitsspeicher und waren grundsätzlich mit Tastatur, Drucker und Basissoftware ausgestattet. Es gab die folgenden Modelle:
Modell | Zeitraum | Speicher | Preis in DM | Ausstattung |
---|---|---|---|---|
Praetor 508 | 1976 | 256 Byte RAM, 3,75 K Programmspeicher | 31000 | Magnetkontenverarbeitung mit 256 Stellen pro Kontenblatt |
Praetor 528 | 1976 | wie Praetor 508 | 33000 | Lochstreifenstanzer |
Praetor 538 | 1976 | wie Praetor 508 | 33000 | Magnetbandkassetten-Station |
Abgesehen von der Grundkonfiguration gab es auch Modelle mit 1 KB RAM und frei programmierbare Maschinen, die anstelle des festen Programmspeichers zwischen 4 und 12 KB universell nutzbaren Speicher hatten.
Ruf System 90:
Das System 90 kam 1976 auf den Markt und wurde 5 verschiedenen Konfigurationen angeboten. Alle sind mit 2 KB ROM-Speicher ausgestattet und haben zusätzlich Halbleiterspeicher in MOS-Technologie, getrennt für Programme und Daten. Alle sind mit einem QIC-Bandlaufwerk ausgestattet und haben einen eingebauten Bildschirm, der 8 Zeilen mit je 32 Zeichen darstellen kann. Die Varianten sind:
Modell | Zeitraum | Speicher | Preis in DM | Ausstattung |
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RDS 90 | 1976 - 79 | 8 KiB RAM | 21000 | "Auftischgerät", gedacht als Datenerfassungsstation |
RDS 91 | 1976 - 78 | 8 KiB RAM | 42000 | Arbeitsplatz in Schreibtischgröße mit eingebautem Matrixdrucker für Abrechnungszwecke |
RDS 92 | 1976 - 78 | 16 KB | 55000 | dito, allerdings mit kombinierter Drucker- und Magnetkonteneinheit |
RDS 93 | 1976 - 78 | 16 KB | 66000 | wie RDS 91, aber mit Festplatte (2,5 MB) |
RDS 94 | 1976 - 80 | 16 KB | 86000 | wie RDS 91, aber mit Fest-/Wechselplatte (10 MB) |
Bei allen Geräten konnte der Arbeitsspeicher in Schritten von 4 KiB erweitert werden (je 3000 DM). Die meisten Modelle konnten so bis zu 48 KiB Speicher aufnehmen, die RDS 91 nur 32 KiB. Zusätzliche Bandlaufwerke kosteten 4000 DM. Im Lauf des Produktionszeitraums sanken die Preise und die Grundausstattung mit Arbeitsspeicher wurde gleichzeitig verbessert.
Ich hatte die Gelegenheit, ein Ruf System 90 zu fotografieren, das bei einer Firmenauflösung aufgetaucht ist.
Das Computersystem besteht aus einer Zentraleinheit, die in einem Pult in Schreibtischgröße eingebaut ist, und einer separaten Wechselplatteneinheit. In der Zentraleinheit ist in der linken Hälfte ein Matrixdrucker der Firma Mannesmann eingebaut. Rechts in an der vorderen Kante die Tastatur integriert und dahinter befindet sich eine abnehmbare Plexiglasscheibe. Darunter ist ein kleiner (ca. 12 Zoll Diagonale) Monitor eingebaut und rechts daneben gibt es vier Einbaupositionen für Peripheriegeräte. Bei diesem Exemplar sind die beiden vordersten mit QIC-Bandlaufwerken bestückt, die beiden anderen sind leer.
Das Wechselplattenlaufwerk wird mit ziemlich dünnen Medien bestückt. Ich schätze, dass darin jeweils zwei Speicherscheiben untergebracht sind.
Angesichts der Ausstattung müsste es sich bei dem Gerät um das Modell RDS 94 mit zusätzlich einem zweiten Bandlaufwerk handeln.
Ich habe versucht, das Gerät auf einer Seite anzuheben, was mir nicht gelungen ist. Daher gehe ich davon aus, dass alleine die Zentraleinheit deutlich über 200 kg wiegt.
Leider kam ich nicht an die Elektronik heran, um diese zu dokumentieren und es gibt auch leider keine technische Dokumentation, über die man mehr über die technische Ausstattung hätte erfahren können.