Reichtum durch Altmetall - Was ist mein alter Computer wert?
Alle paar Tage bekomme ich eine E-Mail, die sich in etwa folgendermaßen liest:
Hallo Herr Jakubaschk,
ich hab beim Aufräumen / auf dem Dachboden meiner Tante / im Keller / im Nachlass meines Vaters einen alten ABC 123X gefunden. Das muss einer der allerersten PC gewesen sein. Mich würde jetzt interessieren, was so ein Gerät heute wert ist und wie man es am besten verkaufen kann.
Schon mal vielen Dank,
Max Muster
Was nicht dabei steht, in solchen Mails aber unterschwellig meist mitschwingt – zumindest bilde ich mir das ein:
Fast hätte ich das Ding unbesehen wegeschmissen. Aber offenbar gibt es ein paar komische Vögel, die sich mit sowas das Wohnzimmer vollstellen und dafür ein Vermögen ausgeben. Heissa – jetzt werde ich reich!
Bis vor ein paar Jahren habe ich solche Fragen ausführlich beantwortet: Mit der Historie des Geräts, seiner Bedeutung für die Computergeschichte, seiner mutmaßlichen Verbreitung und seiner Wertschätzung in Sammlerkreisen. Jedes mal kam dabei am Ende heraus, dass das scheinbar so wertvolle Stück kaum zur Finanzierung einer Villa mit Meerblick taugen wird – in den meisten Fällen nicht mal für einen Urlaub in einer solchen. Typische Schätzwerte lagen eher so im Bereich von 20 bis 100 Euro. Die Antwort darauf war meist beleidigtes Schweigen. Kaum einmal gab es ein Dankeschön für meine Mühe, gelegentlich wurde ich sogar für meine „Preisdrückerei“ beschimpft. Deshalb habe ich irgendwann damit aufgehört, mir diese Mühe zu machen.
Anstelle dessen möchte ich an dieser Stelle ein paar Tipps geben, wie Sie selbst Anhaltspunkte für den Wert eines historischen Computers finden können.
Grundsätzliches
Alte Computer werden nicht in solchen Stückzahlen gehandelt, dass sich für jedes Modell ein verbindlicher Marktwert einstellen würde. Bei jedem Verkauf ergibt sich der Preis aus dem, was der Verkäufer erzielen und der Käufer ausgeben möchte. Diese Preisfindung findet heute in vielen Fällen auf Ebay statt. Ob man die Plattform nun mag oder nicht, letztlich ist sie der Hauptumschlagplatz für alte Hardware und auch wenn man sie nicht nutzt, kann sie oftmals wertvolle Hinweise zum Wert eines Geräts liefern.
Tipp1: Wenn Sie das Gerät ohnehin verkaufen möchten, machen Sie ein Bild davon, eine kurze Beschreibung und stellen Sie es bei Ebay ein. Sie werden einen angemessenen Preis dafür bekommen und müssen sich nicht weiter um die Suche nach einem Käufer kümmern.
Tipp2: Wenn Sie erstmal nur eine Preisvorstellung bekommen möchten, geben Sie die Modellbezeichnung in die Ebay-Suche ein. Wählen Sie dann die erweiterte Suche und setzen Sie einen Haken bei „abgelaufene Auktionen anzeigen“. Nun sehen Sie, ob Geräte dieses Typs in den letzten Wochen angeboten und zu welchem Preis sie verkauft wurden. Dabei zählen allerdings nur grün angezeigte Preise. Schwarz angegebene Preise sind Angebotspreise der Verkäufer, zu denen kein Verkauf zustande kam – die waren also offenbar zu hoch angesetzt.
Was macht den Wert eines Computers aus?
Letztlich entsteht der Wert aus der Anzahl noch verfügbarer Geräte dieses Typs im Verhältnis zur Anzahl an genau diesem Gerät interessierter Sammler. Das wird vermutlich am ehesten klar durch ein paar Beispiele:
Die Firma Apple brachte ihren ersten Computer 1976 auf den Markt. Etwa 200 Stück wurden gebaut, etwa ein Drittel davon ist heute in Sammlerbesitz, acht davon funktionieren noch. Der Rest liegt entweder noch irgendwo unbeachtet herum oder wurde bereits vor Jahren weggeworfen. Immer wieder taucht ein Gerät auf und landet im Verkauf. 2013 wurde eines der Geräte für 517.000 Euro versteigert. Das Missverhältnis zwischen Verfügbarkeit und Sammlerinteresse ist wohl bei keinem anderen Computer größer.
Der Commodore C-64 ist der bis heute meistverkaufte Computer. Allein in Deutschland wurden über 3 Millionen davon verkauft. Das ist aber immerhin über 30 Jahre her und nur ein Bruchteil davon dürfte bis heute überdauert haben. Trotzdem sind immer noch reichlich Geräte auf dem Markt, die allerdings auch auf ein großes Interesse stoßen. Sammler konkurrieren mit ehemaligen Besitzern eines C64, die sich ein Stück Jugend zurückholen möchten. So erklärt sich der mit 30 – 60 Euro noch recht hohe Preis für das Gerät.
Ein x-beliebiger PC-Kompatibler aus den 1990er Jahren ist für sich individuell betrachtet vielleicht inzwischen eine echte Rarität. Allerdings steht er für eine ganze Klasse von Computern, beispielsweise für „Desktop PCs mit 486er-Prozessor“. Solange solch ein Gerät keine Alleinstellungsmerkmale hat, ist das Angebot vergleichbarer Computer immer noch riesig. Dem gegenüber steht ein eher kleiner Teil der Computersammler, da sich sehr viele nicht für PCs interessieren. So kommt es, dass solche Geräte einen Wert nahe Null haben.
Sofern Sie kein profunder Kenner der Computerhistorie sind, ist natürlich nur schwer herauszufinden, zu welcher Kategorie ein bestimmtes Modell gehört. Aber wozu gibt es das Internet…
Tipp 3: Googeln Sie den Hersteller und die Modellbezeichnung. Wenn es sich um ein historisch bedeutendes Gerät handelt, werden Sie Artikel darüber finden – auf Sammlerhomepages, in Sammlerforen, bestenfalls vielleicht sogar in Wikipedia oder auf Nachrichtenseiten. Wenn Sie nichts Relevantes finden, d.h. nur zeitgenössische Berichte oder Links auf die Bedienungsanleitung oder Seiten, auf denen das Gerät nur in anderem Kontext erwähnt wird, dann ist es mit der historischen Bedeutung meist nicht weit her. Wenn Sie nun noch über Ebay ermitteln, wie viele Verkäufe es von diesem Gerät gab (s. Tipp 2), dann können Sie grob auf den Wert schließen: Keine Web-Treffer und keine Verkäufe lassen auf ein eher uninteressantes Gerät schließen. Viele Web-Treffer und keine Verkäufe können ein Indiz für ein spannendes, aber schlecht verfügbares und damit eher wertvolles Gerät sein.
Aufbewahren oder verkaufen?
Die teils großen Wertsteigerungen in den letzten Jahren führen unweigerlich zur Frage, ob man heute einen alten Computer verkaufen oder eher weiter aufbewahren sollte. Letztlich ist das ein Glücksspiel mit mehreren Faktoren:
- Wenn man weiter abwartet, wird die Anzahl noch existierender Geräte vermutlich immer kleiner
- Ohne professionelle Wartung und Lagerung können Geräte alleine durch’s Aufbewahren kaputtgehen, beispielsweise durch auslaufende Batterien. Das kann sie schlimmstenfalls wertlos machen.
- Die meisten Computersammler sind die Teenager der 80er Jahre, also heute um die 50 Jahre alt. Erfahrungsgemäß hören immer wieder Sammler auf, es kommen aber nur wenige neue nach. So kommen immer wieder ganze Sammlungen auf den Markt, so dass die verbliebenen Sammler ihre Lücken stopfen können.
Je nach Modell kann der Wert sich weiter nach oben entwickeln, es kann aber auch mittelfristig zu einem abnehmenden Interesse kommen und damit zu einem Preisverfall. Ich rechne damit, dass die meisten Sammler in den nächsten 20 Jahren versuchen werden, Ihre Sammlungen in Museen unterzubringen. Wo das nicht gelingt und es in der Familie kein Interesse an „dem alten Zeug“ gibt, werden Sammlungen schlimmstenfalls komplett entsorgt oder sie tauchen stückweise auf Flohmärkten auf.
Ein Indiz dafür, dass die Preise ihren Zenit möglicherweise überschritten haben, könnte der Verkauf eines funktionierenden Apple 1 im Frühjahr 2017 liefern: Anstelle der halben Million vier Jahre zuvor, brachte dieses Gerät gerade einmal 110.000 Euro ein.
Die Wertentwicklung ist also keineswegs stabil wachsend, zumindest nicht bei jedem Modell.
Geerbte Computer
Es kommt inzwischen immer häufiger vor, dass sich in Nachlässen auch Computer befinden.
Dass ein alter Computer die Zeiten überdauert hat, kann natürlich schlicht Zufall sein, sprich man hat einfach „vergessen“ das Ding wegzuwerfen, als es nicht mehr gebraucht wurde. In vielen Fällen wird sich der ursprüngliche Besitzer aber etwas dabei gedacht haben. Vielleicht wollte er sich irgendwann nochmal damit befassen, vielleicht den Enkeln zeigen, wie das damals so war mit der Computerei oder auch nur ein Stück Technikgeschichte für die Nachwelt erhalten. Manchmal hängt aber auch ein Stück der eigenen Historie daran, es steht für private oder berufliche Meilensteine.
Wenn Ihnen heute so ein Gerät in die Hände fällt, sollten Sie darüber nachdenken, im Sinne des ursprünglichen Besitzers damit zu verfahren. Das kann je nachdem bedeuten, das Gerät weiter im Familienbesitz zu halten oder es an ein Museum oder eine Sammlung abzutreten – ungeachtet des möglichen Wertes. Dabei sollte auch an eventuell noch vorhandene Daten gedacht werden. Hier muss die Entscheidung getroffen werden, ob man die Daten behalten, vernichten oder (beispielsweise beim digitalen Nachlass eines Künstlers) ebenfalls an eine Sammlung übergeben möchte. Um die Daten zu behalten, steht meist eine Übertragung auf moderne Datenträger und eine Umwandlung in moderne Formate an. Hier kann es eine für beide Seiten lohnende Vereinbarung sein, dass ein interessierter Sammler sich um die Daten kümmert und das Gerät am Ende als Lohn behalten darf.