Apple Lisa
Das Lisa-Projekt wurde bereits 1978 gestartet, allerdings sollte dabei zunächst ein Supercomputer auf Basis von Bit-Slice-Prozessoren entwickelt werden. Entwicklungsleiter war Steve Woziak. Die Wende kam nach einem Besuch von Steve Jobs bei der Forschungseinrichtung XEROX PARC, bei dem ihm mit dem XEROX Star ein in Entwicklung befindliches Computersystem mit grafischer Benutzeroberfläche und Maus präsentiert worden war. Apple's Lisa sollte all das auch können.
Bis es soweit war, sollte aber noch einige Zeit vergehen, in der Jobs die Entwicklung der Lisa durch immer neue Anforderungen mehrfach verzögerte. Der Rechner sollte in jeder Hinsicht perfekt werden.
Was dann im Januar 1983 präsentiert wurde, war in der Tat beeindruckend: Der Rechner steckt in einem großen Klotz, der auch noch den Bildschirm und zwei Diskettenlaufwerke enthält. Daran angeschlossen werden Tastatur und Maus, wobei die Tastatur von vorn ein Stück unter das Gehäuse des Rechners geschoben werden kann. Der 12" große Bildschirm zeigt hochauflösende Grafik in Schwarzweiß an. Insgesamt war das Gehäuse etwas zu klobig geworden und die beiden nach vorn herausragenden Beinchen, die es daran hindern, auf die Tastatur zu kippen, wirken etwas kurios. Eine Schönheit ist die Lisa nicht. Zudem hat die Festplette keinen Platz mehr im Gehäuse gefunden und wird als klobiges, externes Gerät namens "Profile" obendrauf gestellt. Dieses war mit seiner Kapazität von 5 MB bereits zuvor für die Modellreihen Apple II und Apple III erschienen.
Viel wichtiger noch als die Hardware ist jedoch das neue Softwarekonzept: Das Betriebssystem präsentiert sich als Arbeitsplatz-Metapher mit Ordnern und Mülleimer, Programme und Daten werden in Fenstern angezeigt. Was aus heutiger Sicht normal ist, war damals eine Sensation, wenn auch von vielen als Spielerei und sinnlose Ressourcenvergeudung abgetan. Mitgeliefert wird ein komplettes Softwarepaket für die gängigen Büroarbeiten, das perfekt in das Bedienkonzept integriert ist. Kritik gab es allerdings wegen der Geschwindigkeit. Das Betriebssystem war selbst für den schnellen 68000er-Prozessor ein gewaltiger Happen und die langsame Profile-Festplatte verursachte ebenfalls regelmäßige Denkpausen des Systems.
Der Perfektionismus, mit dem die Lisa entwickelt wurde, zeigt sich auch im Inneren. Der Rechner kann ganz ohne Werkzeug weitgehend zerlegt werden. Die Frontblende wird nur durch Plastiklaschen gehalten und kann abgenommen werden. Darunter kommt man an das Entspiegelungsgitter des Bildschirms und an die Laufwerke heran. Die Rückwand wird nur durch zwei Rändelschrauben gehalten. Ist sie entfernt, kann die gesamte Elektronik einfach herausgezogen werden. Sie besteht aus einer Busplatine, die auch die externen Anschlüsse enthält und darin eingesteckt einer CPU- einer I/O- und bis zu zwei RAM-Karten. Links daneben sind weitere drei Busanschlüsse für Erweiterungsmodule vorhanden. Ähnlich wie die Elektronik kann auch das Netzteil nach Lösen einer einzigen Schraube herausgenommen werden.
Ein Jahr nach Einführung der Lisa kam eine Überarbeitung auf den Markt: Die Lisa 2 hatte anstelle der beiden als unzuverlässig verschrienen 5,25"-Laufwerke nur noch ein 3,5"-Laufwerk an Bord und deswegen eine neu gestaltete Frontblende bekommen. Das Vorgängermodell, von dem bis dahin nur etwa 6500 Exemplare verkauft worden waren, wurde eine Zeitlang kostenlos umgerüstet. Dies ist der Grund, warum heute fast keine Lisa 1 mehr zu finden ist. Gleichzeitig gab es mit der Lisa 2/10 eine Version mit eingebauter Festplatte und stärkerem Netzteil. Das I/O-Board war dafür stark überarbeitet worden.
Trotzdem erwies sich die Lisa als zu teuer für einen Markterfolg auf breiter Front. Erst dem schlichter gestrickten Macintosh sollte dies gelingen. Dieser war aber keineswegs eine abgespeckte Lisa, sondern eine gänzlich eigenständige Entwicklung. Nun stand Apple mit zwei ähnlichen Systemreihen da, von denen nur eine gut vom Markt angenommen wurde. Als Übergangslösung schuf Apple eine Software, mit der die Lisa 2 auch Mac-Software ausführen konnte. Die Lisa 2/10 wurde ab diesem Moment mit dem Mac-Betriebssystem als "Macintosh XL" verkauft. Sie hatte zwar einen größeren Bildschirm und eine höhere Auflösung als der Mac, war aber mit 5 anstelle von 8 MHz Takt deutlich langsamer. Keine gute Voraussetzung für wachsende Marktanteile. Es war nur folgerichtig, dass die Produktion der Lisa dann etwa ein Jahr nach Einführung des Macintosh, am 15. Mai 1985, eingestellt wurde.
Viele Lisas lagen noch immer bei Apple im Lager herum. Ein großer Teil wurde an SUN Remarketing verkauft, welche sie zu deutlich reduzierten Preisen abgaben. Weitere 2700 Exemplare wurden 1989 verschrottet und auf einem eigens angemieteten Grundstück in Utah vergraben.
Trotz dieses unrühmlichen Endes der letzten Exemplare ist die Lisa einer der bedeutendsten Pioniere unter den Mikrocomputern. Sie führte die grafische Benutzeroberfläche in einem Gerät ein, das für die normale Büroarbeit gedacht war. Die Hardware war vorbildlich für die Wartung und auch das (damals sicher noch nicht als Entwicklungsziel definierte) Recycling geeignet. Man kann der Lisa eigentlich nur vorwerfen, dass sie etwas überambitioniert war und dadurch zu teuer für die angestrebte Clientel geriet. Vor allem in diesem Punkt war der Macintosh der Lisa überlegen. Trotzdem wurden in der Produktionszeit der Lisa immerhin etwa 80000 - 100000 Exemplare (je nach Quelle) verkauft. Zum Vergleich: Vom Macintosh wurden 70000 Stück in den ersten drei Monaten abgesetzt.
Info
Markteinführung: 1983
Neupreis: 16000 €
Prozessor: 68000, 5 MHz