Exidy Sorcerer II

Ein wenig erinnert der Sorcerer von Exidy schon auf den ersten Blick an die Design-Sünden der frühen 80er Jahre: das Gehäuse versprüht den hellbeigen Charme eines Kunstlederkoffers, und beim kraftvollen Zupacken würde man den Pappanteil weit jenseits der 50 Prozent vermuten. Ähnliches gilt für den Monitor, dessen grüne Bildröhre (hinter einer vollflächigen dunkel-transparenten Plastikscheibe) nicht einmal 2/3 des voluminösen Gehäuses ausfüllt; bei einer Variante findet sich im gleichen Gehäuse auch noch das Doppel-Diskettenlaufwerk, während bei der anderen ein Hohlraum gleicher Größe für eine deutliche Unwucht sorgt.

Die Schnittstellenausstattung ist recht reichhaltig: Neben den Buchsen für den Videoausgang und das externe Kassettenlaufwerk (wahlweise mit 300 oder 1200 Baud Übertragungsrate) findet sich auf der Rückseite des Gehäuses auch ein Centronics- und ein RS232-Anschluß. Als Besonderheit verfügt der Rechner außerdem über einen 50-poligen Erweiterungsslot mit S100-Signalen, über den eine breite Palette weiterer Geräte angebunden werden kann. Der Steckplatz für Programm-Module ist anwenderfreundlich auf der rechten Seite des Computers ausgespart, Module werden leicht nach unten geneigt eingesetzt, so daß sie gegen Herausrutschen und Wackelkontakte relativ gut gesichert sind. Dem Sorcerer beigelegt wurde eine Cartridge mit dem 8 KB großen "Standard Basic", ohne die der Computer nur in einen ROM-Monitor startete; als nettes Feature sind die enthaltenen Basic-Befehle auf dem Label des Moduls aufgelistet, so daß man sich manchen Blick ins Handbuch sparen kann. Sieht man sich übrigens ein Modulgehäuse mal von innen an, kommt nach Entfernen der Modulplatine schnell der Verdacht auf, daß es sich ursprünglich einmal um Gehäuse für Magnetbänder gehandelt haben könnte...

Der Sorcerer bringt in technischer Hinsicht einige weitere bemerkenswerte Eigenheiten mit. Da der Z80-Prozessor nach einem Reset mit der Befehlsausführung ab Speicheradresse 0000 startet, der integrierte ROM-Monitor des Sorcerer jedoch am Speicherende liegt, wird dieser Bereich einfach während der ersten 3 Fetch-Zyklen in den unteren Adressbereich gemappt - genug für einen Sprungbefehl zum eigentlichen Einsprungpunkt im ROM. Ähnlich interessant auch die Grafikfähigkeit: während die eine Hälfte des Zeichensatzes fest vorgegeben ist, können die restlichen 128 Zeichen vom Benutzer frei definiert werden. Dazu kann, wie bei einigen Commodore-Computern, jedem Zeichen eine individuelle 8x8 Punkte-Matrix im Speicher vorgegeben werden; beim Systemstart werden so in die unteren 64 frei definierbaren Zeichen die Werte für die PET/CBM-Grafiksymbole kopiert. Durch geschickte Definition und Anordnung läßt sich somit sogar eine Art "hochauflösender Grafik" mit bis zu 512x240 Bildpunkten erzeugen.

Der amerikanischen Firma Exidy war kein allzu langes Überleben im stetig wachsenden Heimcomputermarkt beschieden, obwohl man noch im Jahr 1978 der drittgrößte Hersteller mikroprozessor-basierter Arcadegames war. Nachdem der erste Sorcerer 1978 vorgestellt wurde, kam der Rechner schnell zu etwas Bekanntheit. Nach Europa gebracht wurde er von der holländischen Firma CompuData, die die Geräte zu Beginn nur importierte und vertrieb, später dann in Lizenz sowohl den Sorcerer als auch seinen Nachfolger Sorcerer 2 selbst fertigte. Durch den zunehmenden Konkurrenzdruck, den Geräte wie Commodore's PET, der Apple II und Tandy's TRS-80-Serie erzeugten, sanken allerdings die Verkaufszahlen im amerikanischen Kernabsatzmarkt bald wieder deutlich, so daß Exidy die Produktion der Sorcerer-Rechner 1982 wieder einstellte. Dessen ungeachtet, baute CompuData die Computer noch längere Zeit weiter und versah sie mit dem eigenen Logo und dem Schriftzug "CompuData Systems" anstelle der Exidy-Kennzeichnung.